Geboren und aufgewachsen in Bern, hat sich Vierwind seit 2016 mit voller Hingabe der Kunst verschrieben. Wir hatten das Privileg, Vierwind in seinem Atelier in der Nähe von Bern zu besuchen. Auf den nächsten Seiten bieten wir einen Einblick in das Schaffen dieses engagierten Künstlers und geben einen kleinen Vorgeschmack auf die spannenden Pläne, die wir in unserer Zusammenarbeit mit ihm verfolgen.
Wie fing es bei dir an?
Kunst als Solches hat mich bis zu meiner Ausbildung zum Polydesigner 3D nie wirklich interessiert. Ich zeichnete einfach gerne. und das schon seit ich klein war. Meine Zeichungen auf Papier wurden grösser, bis ich Aussenwände für mich entdeckte. So entwickelte sich das Schritt für Schritt weiter, bis ich mein Hobby zum Beruf machte
Was hat dich an Graffiti fasziniert?
Alles fing mit Graffititags an, als ich 15 Jahre alt war. Ich schrieb etliche Namen und war hungrig nach mehr Flow und Style in meinen Schriftzügen.
Es faszinierte mich, den Buchstaben verschiedene Emotionen geben zu können.
Seit nun über 14 Jahren arbeite ich an menen Schriften und sehe mich selbst immer noch als Lehrling dieser 26 Buchstaben
Hattest du Vorbilder in der Szene, nationale oder internationale?
Da gab es viele, die mich begeisterten. Z.B. Dare, Toast, Bisco Smith, Soem, Schwarzmaler, uvm.
Hast du ein Konzept im Kopf, bevor du ein Kunstwerk beginnst?
Ich habe meistens einen genauen Plan im Kopf, was ich machen will, ja. Dann arbeite ich so lange daran, bis es meinen Vorstellungen entspricht. Das kann auch mal länger dauern, als geplant.
Du bist gelernter Polydesigner 3D, als Polydesigner muss man mit diversen Material arbeiten. Denkst du, deine Ausbildung hat dir die Augen geöffnet, was man alles machen kann und wo und wie man Graffiti überall integrieren kann?
Auf jeden Fall. Ich machte meine Ausbildung in einem freischaffenden Atelier.
Wir bauten Bühnenbilder, Messestände, Möbel bis hin zu Skulpturen für Grossanlässe. Es war eine sehr kreative aber auch anspruchsvolle Ausbildung. Das dort erlernte handwerkliche Geschick hilft mir heute in meinem Beruf sehr.
Hat Vierwind eine Bedeutung?
Schon in meiner Schulzeit hatte ich etliche Pseudonyme, die ich hauptsächlich in Tags umwandelte. Als ich 2016 meinen ersten grösseren Auftrag erhielt, war mir wichtig, einen Namen zu haben, unter dem ich in Zukunft meine Kunst machen werde. Ich gab mir also den Namen Vierwind, da ich mich in verschiedenster Weise mit dem identifizieren kann.
Obwohl Graffiti bis heute eine grosse Rolle in meiner Kunst spielt, steht der Name „Vierwind“ nicht für einen klassischen Graffitiwriter.
Kannst du uns ein paar Beispiele oder Namen nennen, für die du schon Sachen machen konntest?
Ich machte unter Anderem Kunst für diverse Galerien im In- und Ausland, für Musiker wie Stress, Xzibit, The Outlawz (die Crew von Tupac Shakur) oder arbeitete auch mit Brands wie Hugo Boss oder Porsche zusammen.
Arbeitest du lieber ganz gross auf Wänden zum Beispiel oder lieber klein auf übersichtlichen Leinwänden?
Das ist schwer zu sagen. Ich machte letztes Jahr ein grosses Mural in Marokko. Das machte Spass aber war auch ein mentaler Marathon. Sowas könnte ich nicht jede Woche durchziehen. Ich denke den Mix aus den verschiedenen Formaten macht es für mich aus.
Du bist auch Mitglied der HMS (Harmlos Crew) willst du uns etwas darüber erzählen?
Ich lernte vor ca. 6 Jahren einige Thuner Maler kennen, mit denen ich immer wieder Kontakt hatte. Da sie auf grossen Flächen mehr Erfahrung hatten, konnte ich auch viel von ihnen lernen. HMS wurde einge Zeit später neu aufgerollt und die Crew wuchs zu dem zusammen, was es heute ist. Es werden Sketchabende organisiert, gegessen, gequatscht und ordentlich Halls bemalen. Es ist eine grosse Family! Obwohl ich leider nicht mehr so oft mit ihnen an der Wand stehen kann, sehe ich die HMS Crew als treue Freunde im Graffiti aber auch im Privaten.
Shout out: Mercy, Peace, Basor, Boris, Rams, Kuler, Bax, Make, El Burrito, Foxes, Sora, Snoze, Dope, Clone
Willst du uns noch etwas zum Schlüsselloch sagen?
Das Schlüsselloch verwende ich seit meinen ersten Werken – es wurde zu meinem Markenzeichen. Meistens verstecke ich es irgendwo im Werk oder ich montiere eines an der Seite des Bildes.
Die Vierwind T-Shirts findest du hier.
Nach 20 Jahren ist LDeep mit dem Album „Läng, Dünn & Privilegiert“ zurück.
Die Frage lautet: Zurück von wo? In einem Interview mit den beiden Musikern Raphael Urweider alias Bidermaa und Oliver Brand alias -32h möchten wir erfahren, warum wir 20 Jahre auf das neue Album warten mussten. Wir wollen mehr darüber erfahren, was ihnen am alten Rap der 90er gefällt und was sie heute an der Rap- Musik schätzen. Zusätzlich steht ein kleines Geheimnis von den beiden Berner Mundart-Rappern mit Punk-Attitüde zur Enthüllung an.
LDeeP heisst genau was? Ist es eine Abkürzung für Lang, Dünn und Privilegiert?
-32h: Da war mal ein Kurzfilm «LDP geht nach Amerika» in dem unser zukünftiger DJ, fast zwei Meter gross in Amerika grausam umgebracht wird. Läng, Dünn und Primitiv war geboren. Privilegiert sind wir erst im Alter geworden.
Bidr: Da die Welt primitiver geworden ist, müssen wir es nicht mehr sein. Als nächstes fällt dann wohl das «Dünn» weg…
Euer erstes Album PossiTrack kam im Jahr 1998 heraus. Seid ihr mit dem 90er-Rap aufgewachsen?
32h: Wir wurden vom LDeeP-Basement DJ Kollektiv aufgezogen. Underground NYC Rap. Am besten hört man sich das in einer illegalen Bar auf einem völlig überlasteten Soundsystem an.
Bidr: Einige von uns reisten immer wieder nach New York und kauften dort Vinyl und Mixtapes, dann gab es Nächtelange Hör-Sessions. Was ein «Tape» ist, könnt ihr Googlen. Es war ein sogenannter Tonträger.
Wer waren eure Favoriten zu dieser Zeit?
-32h: Meine? MosDef, Pharoahe Monch. Viel WuTang und Smith&Wessun. Alles mit gaaanz viel Sub-Bass und lyrischen Skills.
Bidr: Das schöne war, dass es noch eine Mittelschicht gab. Nicht nur Superstars und Underground. Es gab Rappende, die gerade mal so von ihrer Kunst leben konnten. Das grösste Genie war wohl Biggie Smalls. Dann mochte ich stylistisch Heltah Skeltah und vergessene wie zum Beispiel Natural Elements.
Welche Musik hat euch damals noch beeinflusst?
-32h: Ich bin schon auch ein Jazzer, aber halt eher mit Bieler Hintergrund. Freejazz, Noise, aber auch Miles Davis und so Sachen. Ich war immer eher an Musik und nicht an Genre-Reinheit interessiert: Meine erste Vinyl-LP war «Sign Your Name Across My Heart», süssester Pop; Mein zweites Vinyl war «5 auf der nach oben offenen Richterskala» von Einstürzende Neubauten, tönt so wie es heisst.
Bidr: Ich habe während dem Gymer Keyboard gespielt in verschiedenen Bands und dann die Allgemeine Jazz- Schule in Bern besucht. Die hat mich aber eher zum Hip Hop getrieben. «Bring on the Night», das live Album von Sting hat mich damals sehr beeinflusst. Und Funk / Crossover Funk.
Und wer beeinflusst euch heute musikalisch?
Bidr: Ich bin jedes Jahr in Südafrika. Mich beeindruckt die Mehrsprachigkeit in der Musik, wie z.B. Zulu und Englisch organisch gemischt werden. Rap ist dort sehr vielseitig und kriegt – auch dank Filmen wie Black Panther langsam mehr Anerkennung. Auch war ich schon vor 5-6 Jahren begeistert von Amapiano und Gqom – den Stilen, die erst jetzt langsam in den Clubs weltweit ankommen.
-32h: Ist immer vieles. Ich liebe Outlaw Country und experimentelle elektronische Musik. Im Rap Universum wären es für mich im Moment eher die Engländer, da sie etwas wagemutiger Sachen versuchen. In zwei Monaten ist es vielleicht Mali-Blues.
Wie habt ihr die Entwicklung von 90er und Anfang Nullerjahre Rap bis hin zu heute miterlebt?
Bidr: Meinst du weltweit oder in der Schweiz? Am Anfang in der Schweiz war schön, dass sich alle gekannt haben. Es gab kleine «Hippie» Anlässe in Bern, Zürich oder Basel wo sich die Rappenden getroffen haben und unkommerziell Musik gemacht und genossen haben. Heute bin ich froh, dass es nicht nur mehr weisse Schweizer Buben sind, die in der Szene mitmischen. Auch sind die Einflüsse vielfältiger geworden: Wir hörten anfangs fast ausschliesslich Ami Rap. Deutschland war noch Fanta 4 und vielleicht ein bisschen Hamburg.
-32h: Mit meinen Kindern. Ich wurde Vater und das hat meine Möglichkeiten und Lust an jeder Hundsverlochete zu spielen schon etwas gemindert. Was ist schon Nullerjahre-Rap? Ich sehe hier vor allem coole Musiker die versucht haben sich im Schweizer Rap eine Basis und Existenz aufzubauen. Manche haben sich dem Kommerz zugewandt, manche sind Untergrund geblieben und viele etwas dazwischen. LDeeP hingegen war schon immer so unorganisiert – oder schöngeredet: «anarchistisch» – dass, sobald niemand den Lead übernimmt auch nichts rauskommt, weder Konzerte noch Alben.
War dies ein Grund, warum ihr nach der Veröffentlichung von „Wart Nume“ im Januar 2004 bis heute auf ein neues Album gewartet habt?
-32h: Es gab 2010 noch ein Mixtape von Bidr, «The Bidr, the Better».
Bidr: Beeinflusst von Juelz Santana…
-32h: Und dann noch die EP «LDeeP – Git’s Nüm», halt nur auf Bandcamp.
„Lang, Dünn und Privilegiert“ – diese Aussage hat Tiefgang. Seid ihr im gleichnamigen Album darauf ein- gegangen? Was wollt ihr damit ausdrücken? Welche Botschaft möchtet ihr der Welt damit vermitteln?
-32h: Den Untergang einer ressourcenfressenden konsumsüchtigen kapitalistischen Gesellschaft, die ihren Wohlstand mit Rassismus und Sektentum zu zementieren versucht!
Im Ernst, es geht auf dem Album schon über obengenanntes, aber was es vor allem ist, ist Rap, so wie wir es verstehen: Keine Bekenntnis-Poesie sondern die Beobachtung von dem was ist, aus der Perspektive von «Ich, der euch hier diesen Scheiss als Kunst andreht».
Bidr: Die Schweiz ist in ihrem Wohlstand und Sicherheit weltweit eine absolute Ausnahmeerscheinung. Sogar in Luxemburg hat es z.B. mehr Obdachlose als hier. Was auch immer wir kulturell ausdrücken, kommt aus einer extrem privilegierten Position, das ist nicht zu vermeiden. Plus wir sind weiss und männlich. Und 50. Ich glaube, es ist wichtig, diese Fakten zu anerkennen, bevor du überhaupt etwas sagst.
Im Track «Canz n‘ Roses» auf dem Album «Wart Nume» vom Jahr 2004 outet ihr euch auch als Sprayer. Der Song ist eigentlich eine Ode an Graffiti. Was ist eure Beziehung zu Graffiti? Seid ihr heute noch aktiv mit der Spraydose?
-32h: Muss ich jetzt als Beisteher alle alten Föteli, die ich für hier nicht genannte aufbewahre, an einem andern Ort verstecken?
Bidr: Ich habe in dem Song den Bullen gespielt, also… Im Ernst: Ich finde, die Qualität hat abgenommen. Früher war ich öfters beeindruckt, entweder von der Kunst oder dann von den Platzierungen der Pieces.
Mein Tipp: Übt wieder in der echten Welt. Sprayt mehr! Lernt klettern!
-32h: …und kauft gute Farbe, die so richtig knallt.
Der Berner Writer RAPS, vormals bekannt als ZWEI DNA, gibt uns Einblick in seine Graffiti-Kunst. Bereits in den 80er Jahren begann er mit den ersten Tags und Skizzen, motiviert durch die aufstrebende Hip-Hop-Kultur dieser Zeit, faszinierte ihn die Musik, Graffiti, Breakdance und der einzigartige Ausdruck dieser Subkultur. Sein erstes Schlüsselerlebnis erlebte er 1987 bei einem Hip- Hop Jam in der Coupole, AJZ in Biel, mit DJ DeeNasty aus Paris.
Früher malte er für den „Fame“ und strebte danach, überall seinen Namen zu sehen. Heute ist es seine Motivation, den perfekten Style zu erreichen.
In diesem Interview gewährt er Einblicke in seine Anfänge, seine Entwicklung und die Verbindung zwischen Graffiti und Hip Hop.
Stell dich doch kurz mal vor?
Hallo, ich bin RAPS, vormals ZWEI DNA. Manchmal auch WATCH oder FIRE.
Seit wann malst du?
Die ersten Tags und Versuche von Graffitistyle Skizzen habe schon in der Sekundarschule (80er Jahre) unternommen. Regelmässig an der Bahnlinie malte ich ab 1991 bis 2004.
Was hat dich motiviert und was motiviert dich immer noch zu malen?
In 80er Jahren war Hip Hop eine neue aufstrebende urbane Subkultur. Alles neu: Die Musik wie Rap, DJ`s und Beat Produzenten; Graffiti mit Tags und Styles; Breakdance. Auch der Ausdruck, die Sprache und Mode waren neu. Meine Homies ZED (Breakdance Schweizermeister 1988, 1989 & 1991) und THUE (r.i.p) (Tags und Graffitis ab 1986) waren schon früh in der Breakdance und Graffiti Kultur aktiv.
Den ersten Hip Hop Jam habe ich als 15-Jähriger im Jahr 1987 in der Coupole, dem AJZ in Biel besucht.
DJ DeeNasty aus Paris «rockte» die ganze Nacht durch. Dies war definitiv ein Schlüsselerlebnis für mich, und hat mich bis heute nicht mehr losgelassen. Dies Alles war für mich mega faszinierend, ich wollte unbedingt ein aktives Mitglied dieser Kultur werden.
Früher habe ich für den «Fame» gemalt, und wollte überall meinen Namen sehen. Meine Tags und Schriftzüge sollten auch für Laien lesbar sein. Heute motiviert es mich den perfekten Style zu erlangen, was ich natürlich nie erreichen werde!
Wie bist du zu Graffiti gekommen?
Durch meine Homies: ZED und THUE (r.i.p).
Wer waren deine Vorbilder du dieser Zeit und wer ist es heute?
Damals gab`s als Quellen nur die Bücher Subwayart, Spraycanart und die Filme Stylewars und Beatstreet. Die erstem Graffiti Magazine (z.B 14K aus Zürich) kamen wohl so 1992 auf.
Meine Vorbilder waren sicher: SEEN, DONDI, DEZ, SKEME, SHAME 125 und natürlich BANDO, SHOE, MODE 2 usw. In Bern: SUN 2 CMC und KIWI PSK. Heute ist Graffti extrem vielseitig und, es gibt endlos viele talentierte Maler*Innen.
Wo hast du die Dosen gekauft?
Am Anfang «Dupli Color» aus der Migros. Ab 1992 reisten wir nach Basel um Sparvar mit Bananen Caps
zu kaufen. Ab 1995 gab`s diese auch in Bern. Ende 90er entstanden die ersten Hip Hop Shops.
Mit wem hast du damals gemalt?
Mit MAKE und ZARON DNA Crew. Später auch mit WENK, SMAK und der WS Posse.
Graffiti und Hip Hop, wie siehst du den Zusammenhang?
Für mich gehört Graffiti zu den 4 Elementen des Hip Hop.